Alt – aber viel wert
Missio-Woche der Goldhandys im Hannover
Sie füllen Schubladen – ausgediente Mobiltelefone. Aber sie sind alles andere als nutzlos. Warum? Das zeigen die katholische Hilfsorganisation missio sowie die Gemeinden St. Heinrich und St. Godehard in Hannover.
Sie gelten als Schrott – alte, ungenutzte Mobiltelefone, die zahllose Schubladen landauf, landab in dieser Republik füllen. Nach Schätzungen des IT-Verbandes Bitkom sind das etwa 124 Millionen Handys. Lahmer Akku, fehlende Aktualisierung, angeknacktes Display oder das neue Modell ist einfach schicker: Schublade auf, Telefon rein, vergessen.
Aber in den Altgeräten stecken wertvollen Rohstoffe. Pro Telefon mag das wenig klingen. Je nach Modell sind es um 300 Milligramm Silber und 30 Milligramm Gold, im Akku stecken noch mal um sechs Gramm Kobalt. Doch mal 124 Millionen Altgeräte gerechnet ergibt sich eine enorme Menge an Rohstoff. Deshalb sammelt die kirchliche Hilfsorganisation missio seit Jahren alte Handys. Bislang hat missio 167000 Altgeräte gespendet bekommen. Insgesamt befinden sich darin 3,7 Kilogramm Gold. Der Erlös wird von missio in zahlreiche Hilfsprojekte, vor allem in der Demokratischen Republik Kongo investiert.
Drei Gründe für die Aktionswoche
Zwischen dem 7. und 15. November können auch in der Innenstadt von Hannover an vielen Stellen in der Innenstadt, alte Handys zugunsten von missio abgegeben werden – während der "Woche der Goldhandys". Die Initiative geht dabei von den Pfarreien St. Heinrich und St. Godehard aus, angestoßen hat das Projekt die „Diakonia St. Clemens“. „Es sind vor allem drei Gründe, weshalb wir quer durch die Innenstadt Sammelboxen aufgestellt haben“, erläutert Diakonia-Sprecher Egbert Biermann.
Erstens: „Die Wiederverwertung von begrenzen Rohstoffen.“ Der Projektpartner von missio, „Mobile Box“, recycelt die enthaltenen Rohstoffe und bereitet jedes noch nutzbare Gerät zur Wiederverwertung auf. Für jedes Handy erhält die Hilfsorganisation einen Anteil des Erlöses.
„Dieser Erlös für die Aktion Schutzengel ist unser zweiter Grund“, betont Biermann. Vor allem werden mit dem Erlös von bis zu zwei Euro pro Handy Projekte in der demokratischen Republik Kongo unterstützt. Das hat mit einem Rohstoff zu tun, ohne den kein Mobiltelefon (aber auch keine Kameras, Tablets, Laptops und Flachbildschirme) auskommt: Coltan. Wieder gilt, pro Gerät ist es wenig, der der Menge enorm. Die weltweit größte Menge des Erzes wird in der DR Kongo gefördert.
Am Rohstoff klebt Blut
Aber es klebt Blut an dem Rohstoff. Coltan gilt als Konfliktmineral. Viele Minen im Osten des Kongos stehen unter der Kontrolle bewaffneter Gruppen, die sich aus den Gewinnen finanzieren. Die Arbeitsbedingungen sind menschenunwürdig: Im Kongo bauen ein bis zwei Millionen Menschen „selbstständig“ in Minen Rohstoffe wie Coltan ab. Am Ende jedes Tages verkaufen sie ihre kümmerliche Ausbeute Rohmaterial an die Händler in den Minendörfern. Ihre „Ausrüstung“ kaufen sie selber, ebenso wie die Konzession zu graben. Sicherheitsvorkehrungen, Arbeitsschutz oder gar Unfallversicherung? Fehlanzeige. Familien werden so in Ausbeutung und Armut getrieben.
„Genau hier engagiert sich missio“, betont Biermann. Die Hilfsorganisation unterstützt durch die Aktion Schutzengel Menschen in den Konfliktgebieten psychologisch, medizinisch, juristisch und wirtschaftlich. Gleichzeitig setzt sich missio für saubere Handys ein, bei denen Hersteller auf Konfliktmineralien verzichten.
„Damit setzen wir drittens einen Beitrag christliche Verkündigung im Hier und Heute sichtbar zu machen“, unterstreicht Biermann. Jede Spendenbox informiert auch über die politischen wie sozialen Folgen des Coltan-Abbaus im Kongo. Und über Möglichkeiten zur Hilfe: Mit jedem Handy unterstützen wir die Arbeit der missio Projektpartnerin Thérèse Mema in der DR Kongo, die sich in diesem von kriegerischen Auseinandersetzungen zerrissenen Land um vergewaltigte Frauen kümmert, damit sie sich trotz dieser Gewalttat eine Lebensperspektive erarbeiten“, sagt Biermann.
Aktionsboxen finden sich zu Gottesdienst- und Büozeiten in St. Heinrich, St. Elisabeth, St. Clemens und St. Godehard. Außerdem im Landesmuseum Hannover, der Buchhandlung Marktkirche, der Thalia Buchhandlung, der Buchhandlung Hugendubel, der Evangelisch-reformierten Kirche, der Neustädter Hof- und Stadtkirche, der Roland-Apotheke in Hannover-Kirchrode, dem Tauschtreff Hannover, dem [ka:punkt], dem Tagungshaus St. Clemens und im GEA-Laden in der Südstadt.
Rüdiger Wala