Anlaufstelle für Mitmenschlichkeit
Die Schwestern der Congregatio Jesu am NDR1-Weihnachtstelefon
Wenn anderswo das Weihnachtsessen auf den Tisch kommt, ziehen sich die Schwestern der Congregatio Jesu in Hannovers Südstadt in ihre Zimmer zurück. Jede stimmt sich auf ihre Weise darauf ein, gleich mit einem ganz unbekannten Menschen über das zu sprechen, was ihn an so einem Abend bewegt. Auch in diesem Jahr machen die Schwestern mit beim NDR1-Weihnachtstelefon. Evangelische und katholische Christen engagieren sich am Heiligen Abend ehrenamtlich für Menschen, die alleine sind und gerne mit jemandem sprechen möchten. Der NDR übernimmt die Telefonkosten und weist in seinem Programm auf das Angebot hin. Für uns würde es sich nicht richtig anfühlen, uns in der Gemeinschaft ein kuscheliges Weihnachten zu machen, sagt Schwester Helena Erler. Es entspricht unserer Art zu leben, dort zu sein, wo wir gebraucht werden.
Manche Anrufer haben ihren Ehepartner verloren und vermissen ihn an so einem Abend besonders. Andere wohnen weit entfernt von ihren Kindern und können sie an Weihnachten nicht sehen, erzählt Schwester Helena, die im vorigen Jahr zum ersten Mal beim Weihnachtstelefon mitgemacht hat. Nicht alle platzen gleich mit ihren Sorgen heraus. Manche warten auch einfach ab, was die Stimme am anderen Ende ihnen erzählt. Dem anonymen Anrufer Trost spenden zu wollen sei billig, ist die 38-Jährige überzeugt. Da geht es eher darum, da zu sein: Dieses ganz normale Zuhören, das unser aller Aufgabe ist. Um einfach zuzuhören, braucht man kein Profi sein, meint Schwester Helena. Für Menschen, die ein konkretes Problem haben, gibt es viele Beratungsstellen. Aber für Mitmenschlichkeit findet man oft keine Anlaufstelle.
Wenn es sich im Gespräch ergibt, bieten die Schwestern an, für ihre Gesprächspartnerin oder ihren Gesprächspartner zu beten. Schwester Helena, die aus einem nicht-christlichen Umfeld in Sachsen stammt, weiß, dass viele Menschen dafür dankbar sind, auch wenn sie selbst nicht an Gott glauben. berwindung kostet es sie längst nicht mehr, einer fremden Person eine Fürbitte anzubieten. Ich bin da ziemlich abgebrüht, sagt sie lächelnd. Sie nimmt die Anliegen nach der Telefonzeit mit in die Christmette - und kann sie dort bei Gott lassen.
NDR1-Weihnachtstelefon am 24.12. von 18 bis 24 Uhr, kostenlos im Festnetz, Tel. 08000 60 70 80
Annedore Beelte