Diakon und Kabarettist ? das passt
Matthias Brodowy
Er ist der Vertreter für gehobenen Blödsinn- diese Berufsbezeichnung hat sich Matthias Brodowy selbst gewählt. Bereits als Student hat der Wahlhannoveraner als Kabarettist auf der Bühne gestanden und das alltägliche Leben, Politik und Zeitgeschehen aufs Korn genommen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Und seine enge Beziehung zur katholischen Kirche drückt sich dadurch aus, dass der studierte Theologe immer auch eine große Portion Kirche mit im Repertoire hat. Dabei legt Brodowy Wert darauf, dass er kein Kirchenkabarettist ist. Das ist eine feste Berufsbezeichnung, erklärt er, die auf mich nicht zutrifft. Kirche ist bei mir nur ein Teil des Programms. Wenn er allerdings vor Das liegt an meiner Affinität zur Kirche, so Brodowy, schließlich bin ich fast fertiger Theologe, denn ich habe Theologie fürs Lehramt studiert. Der Wahlhannoveraner liebt den tiefgehenden Humor und nicht die schnelle, flache Pointe. Er will unterhalten, aber auch gleichzeitig zum Nachdenken anregen. Er nimmt Politiker und Kirchenleute aufs Korn: Aber ich schlage nicht drauf, sagt der Familienvater, ich bin eher ein Freund der leisen Töne. Gesprochene, wie gesungene, denn er sitzt auch gern am Klavier. Brodowy läuft mit offenen Augen durch die Welt, freut sich und verzichtet dabei auf den Schreibblock als ständigen Begleiter: Ich weiß, es gibt Berufskollegen, die schreiben alles auf, was sie sehen und erleben. Das mache ich nicht. Ich will und kann auch abschalten. Trotzdem, wenn ich was Komisches erlebe, versuche ich, es in mein Programm einzubauen. Nur meistens habe ich es, weil ich es nicht gleich aufschreibe, dann doch wieder vergessen.
In seinem Fach gehört Brodowy zu den Könnern. Zahlreiche Preise hat er schon bekommen. Er ist nicht nur auf der Bühne daheim, sondern auch im Radio - und auch das Fernsehen ist ihm nicht fremd. Wenn er einen Joke macht, dann gibt es für ihn klare Grenzen, gerade dann, wenn es um religiöses Empfinden geht. Da muss man sehr sensibel sein. Ich überlege mir immer, ob ich vielleicht jemanden verletzten könnte. Tabus für den Kabarettisten sind zum Beispiel körperliche Gebrechen und Behinderungen: Ich würde nie einen Witz darüber machen, dass unser Finanzminister Wolfgang Schäuble im Rollstuhl sitzt. Das ist primitiv. Denn damit trifft man nicht den Politiker, sondern einen Menschen, der ein schlimmes Attentat überlebt hat. Weitere Tabuthemen sind Unglücke und Katastrophen: Ich konnte zum Beispiel überhaupt nicht lachen, als ein sehr bekannter Kollege von mir einen saublöden Witz über das Zugunglück von Eschede gemacht hat. Es ist so trostlos, wenn man für einen Lacher vergisst, wie viele Menschen zu Tode gekommen sind und wie viele auch heute noch leiden. Da ziehe ich für mich eine klare Grenze.
Zur Zeit gastiert Matthias Brodowy mit seinem neuen Programm in Hannover im Theater am Küchengarten, mit der Offenbarung Das 7. Programm. Und die textliche Nähe zur Bibel ist beabsichtigt. Außer Kircheninsidern wissen nicht viele, dass Brodowy in den noch amtierenden Diözesanrat des Bistums Hildesheim berufen war und dort in der letzten Amtsperiode mitgearbeitet hat. Von seiner Zeit im höchsten Laiengremium des Bistums Hildesheim sagt er: Es war mal ganz nett, dort mitgemacht zu haben. Da wurde auch eine Menge auf den Weg gebracht, zum Beispiel wurde sehr engagiert über die Themen Klima und Energie diskutiert, woraus ein sehr konkreter Energieleitfaden entstanden ist. Es ging um Erhalt von Immobilien, ums Ehrenamt und vieles mehr. Diese vier Jahre waren für mich eine sehr positive Erfahrung. Aber ich bin kein Gremien- und kein Satzungsmensch, der stundenlang über einen Punkt oder ein Komma diskutieren kann.
An anderer Stelle will sich Brodowy in der Kirche demnächst noch mehr engagieren. Er steht mitten in der Ausbildung zum ständigen Diakon. Wenn alles läuft, wie geplant, dann wird unser Ausbildungsjahrgang 2013 in St. Godehard geweiht, verrät er. Ein Grund, warum Brodowy sich für diesen Weg entschieden hat, liegt in seinem Beruf als Kabarettist. Ich halte nicht viel davon, immer auf der Bühne zu stehen und unsere Politiker zu kritisieren und von einem besseren Staat zu träumen. Ich halte mehr davon, dies auf der Bühne zwar zu machen, aber abseits der Bühne dann ganz praktisch daran mit zubauen. Und weil ich so kirchlich sozialisiert bin, kann ich das, glaube ich, ganz gut in der Funktion eines Diakons. Ein kurzes Besinnen und dann kommt die Erklärung, was für den Vertreter des gehobenen Blödsinns Diakon bedeutet. Für mich ist der Diakon in der heutigen Zeit genau die Schnittstelle, unsere gespaltene Gesellschaft zu überbrücken. Denn der Diakon ist bei den Schwachen, den Armen, bei den Kranken und bei den Sterbenden. Er ist sozusagen der Seelsorger in einem Milieu, das vor allem Hilfe braucht, weil die Menschen dort oft verlassen sind. Diakon und Kabarettist passt für Brodowy gut zusammen. Er müsse sich nicht verbiegen und auch keinen Spagat machen: Denn sowohl der Diakon, als auch der Kabarettist sind für die Menschen da.
Schon seit Wochen sind die Vorstellungen im Theater am Küchengarten ausverkauft. Am 8. März ist Matthias mit der Offenbarung zu Gast im Apollo Kino in Hannover, am 23. Und 24. März im Kulturtreff in Bothfeld und am 11. Mai im ka:punkt in der Grupenstraße in der City von Hannover.
Edmund Deppe