Die Kirche muss wachsen
Pfarrer Wolfgang Beck startet ein Forschungsprojekt über den Zustand der Kirche
Volles Risiko, forderte Pfarrer Wolfgang Beck, und er ging mit gutem Beispiel voran: Er stellte sich beim ersten Preacher Slam vor dem kritischen Publikum in der Lutherkirche dem Wettbewerb mit anderen Theologen und den Literaten von Macht Worte! Der hannoversche Poetry Slam. Wer Jesus folgt, bekommt keine Sicherheiten, machte der 39-Jährige klar: Vom ruhigen Leben ist im Evangelium nicht die Rede.
Jetzt wird der Pfarrer der Gemeinde <link http: www.st-godehard-hannover.de external-link-new-window externen link in neuem>St. Godehard in Linden noch tiefer in die Materie einsteigen. Das Risiko soll das Thema seiner Habilitation werden. Dafür tritt er allerdings in Hannover kürzer: Er gibt die Seelsorge für die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) ab. Am 30. Juni um 19.15 Uhr wird er im Gottesdienst zum Semesterschluss in der Basilika St. Clemens verabschiedet.
Die KHG ist ein Durchlauferhitzer, stellt Beck fest. Jedes Semester kommen neue Leute. Nach acht Jahren als Seelsorger bin ich hier ein Oldie. Jetzt muss ich auch persönlich vorleben, dass es ein Leben nach der KHG gibt, erklärt er. Trotzdem fällt ihm der Abschied schwer: Die KHG ist ein echtes Juwel, findet er: Sie ist international ausgerichtet, hier gibt es eine rege Diskussion über gesellschaftliche Themen und die Kirche erreicht Menschen in einer Altersgruppe, zu der sie sonst kaum Kontakt hat. Von der Kultur des Ansprechens, die sich in der KHG entwickelt hat, damit jedes Semester neue Leute die Gemeinde beleben, können sich normale Kirchengemeinden durchaus eine Scheibe abschneiden, meint Beck: Gemeinden neigen dazu, Klüngel zu werden.
Die Gemeinde St. Godehard wird er auch in Zukunft leiten. Das ist nicht mein Abschied als Pfarrer, dazu mache ich das viel zu gerne, verspricht er. Auch das Wort zum Sonntag spricht er weiterhin regelmäßig. Ich lerne eine Menge dabei, kommentiert er. Wann habe ich als Pfarrer schon mal die Chance, eine Million Menschen zu erreichen? Was eine schmerzliche Lehre für den Prediger war: Achtzig Prozent sind Optik im Fernsehen, nur zu zwanzig Prozent wirkt, was ich sage. Das ist Gottesdienst bestimmt nicht anders.
In seiner Habilitation wird Beck versuchen, die Kirche in ein anspruchsvolleres Licht zu stellen als in der öffentlichen Debatte üblich. Die Kirche muss wachsen wenn schon nicht quantitativ, dann qualitativ, ist er überzeugt. Wenn wir den Auftrag aus dem Evangelium ernst nehmen, geht darunter gar nichts. Die Gemeinde St. Godehard jedenfalls ist unterwegs in diese Richtung: Auf sechs Beerdigungen kommen bei uns neun Taufen.