"Er erkannte in keinem Menschen etwas Böses"

Hunderte nehmen Abschied vom getöteten Schüler in Wunstorf

Trauer, Entsetzen, Fassungslosigkeit: Gut 450 Menschen haben nun in der Kirche St. Bonifatius Abschied von dem 14-Jährigen genommen, der Ende Januar in Wunstorf getötet wurde. Der mutmaßliche Täter ist ein gleichaltriger Mitschüler.

„Im Wunstorf ist es nichts mehr, wie es war“, sagt Pfarrer Andreas Körner zu Beginn der Trauerfeier. Die Familie des getöteten Jungen ist seit langen in der Pfarrgemeinde St. Bonifatius engagiert. Ihr Sohn ist dort zur Erstkommunion gegangen, wirkte bei den Pfadfindern mit und war Messdiener. „Noch am Sonntag vor der Tat hat er hier am Altar gedient“, sagt Körner in der Predigt, „diese Aufgabe war ihm wichtig.“

Körner kennt den getöteten Jugendlichen seit seiner Vorbereitung auf die Erstkommunion. Er sei ein „besonderes Kind“ gewesen, eines, das „in keinem Menschen etwas Böses erkannte, ganz gleich, was man ihm antun konnte.“ Immer wieder habe er nachgefragt, wenn er etwas wissen wollte: „Das war auch anstrengend, er brauchte Aufmerksamkeit.“

Neugierig, freundlich und offen sei der Junge gewesen, den seine Eltern aus einem russischen Waisenhaus adoptiert hatten: „Er könnte sich auf eure Liebe und Fürsorge verlassen“, sagt Körner zu den Eltern des getöteten Jungen: „So konnte er die Welt entdecken, so habt ihr Pläne für die Zukunft geschmiedet.“

Die Tat lässt Körner und alle Trauergäste fassungslos zurück: „Es fehlen die Worte für das Unaussprechliche, was geschehen ist.“ Doch „glauben wir an einen Gott, der das Leben liebt, auch wenn es genommen wird.“ Vieles von dem, was den getöteten Jungen auszeichnet, werde bleiben, ist sich Körner sicher: „In seiner Schule, in der Stadt, in der Gemeinde, bei den Messdienern und Pfadfindern.“

Der aufgebahrte Sarg ist mit dem Lilienbanner der St.-Georgspfadfinder bedeckt. Viele Kerzen sind auf hölzernen Stelen um ihn gestellt, dazu bunte Blumen und ein Bild des getöteten Jungen. In Fürbitten erinnern Ministrantinnen und Pfadfinder an die gemeinsame Zeit, die Schulleiterin der Evangelischen Gesamtschule, die der Jugendliche besucht hat, Elke Rothämel, erinnert an seine Hilfsbereitschaft. Die evangelische Gemeindepastorin des Stadtteils, in dem die Tat, geschah, Franziska Oberheide, betet für den mutmaßlichen Täter und dessen Familie: „Zeige uns Wege der Versöhnung.“

„Wir nehmen nun Abschied“, predigt Körner: „Wir tun das, in der Erinnerung, dass es unter uns gelebt hat.“ Es gelte immer zu entdecken, „dass er unsere Hoffnung und unsere Zuversicht ist.“ Die anschließende Beisetzung des Jungen findet im engsten Familienkreis statt.

Der gewaltsame Tod des Schülers hat bundesweit für Entsetzen gesorgt. Einsatzkräfte hatten seine Leiche am 25. Januar auf einem Brachgelände im Wunstorfer Stadtteil Blumenau gefunden. Er war nicht von einer Verabredung nach Hause gekommen, seine Eltern hatten ihn als vermisst gemeldet.

Bei einer Befragung hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein gleichaltriger Mitschüler zugegeben, den Gesuchten getötet und versteckt zu haben. Der mutmaßliche Täter sitzt nun wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft geht von einer vorsätzlichen und heimtückischen Tat aus. Der getötete Jugendliche sei arg- und wehrlos gewesen.

pkh/Wala