"Erzähl der Welt, was du zu sagen hast ..."
Der Wechsel ist vollzogen: Regionaldechant und Propst Martin Tenge hat sein Amt abgegeben, Domkapitular Dr. Christian Wirz hat es übernommen ? mit Witz, Geist, Applaus, Kolpingbannern, Psalmen und langen Schlangen in und vor der Basilika St. Clemens.
Da mag das Zeremoniell noch so geplant gewesen sein es kommt der Punkt, da sich die Spannung in den Altarbänken auflösen musste. Kaum hat Generalvikar Martin Wilk Verdienste des scheidenden Propstes und Regionaldechanten Martin Tenge benannt, brandet Beifall auf. Die 400 Teilnehmer*innen des Gottesdienstes erheben sich von ihren Plätzen, klatschen minutenlang.
Erst danach kann Wilk mit dem formalen Akt der Amtsübergabe weitermachen. So wird die Entpflichtungsurkunde von Bischof Dr. Heiner Wilmer verlesen, dann legt Tenge die Amtszeichen eines Propstes ab die schwarze Mozetta, einen bis zu den Ellenbogen reichenden Schultermantel mit kleiner Kapuze und an einer Kette befindliche Propstkreuz. Es ist eine Amtshandlung mit Humor: Darauf freut er sich schon seit einer Stunde, kommentiert Wilk das Ablegen der Mozetta durch Tenge. Denn: Draußen herrschen Temperaturen von über 30 Grad und in der Kirche nicht es nicht unbedingt kühler ...
Der Entpflichtung folgt die Einsetzung die Einsetzung von Domkapitular Christian Wirz als neuer Regionaldechant und Propst wieder freundlichen und humorvollen Worten: Der Ruf nach Hannover kam überraschend das hat die Zeit, die wir im Bistum Hildesheim erleben, so an sich, sagt Wilk. Und weiter, erst an die Adresse von Wirz, dann an die Besucher des Gottesdienstes: Du hast nachgedacht, du hast Ja gesagt und ich weiß, es ist ein Ja aus voller berzeugung, auf das Sie sich, liebe Schwestern und Brüder, verlassen können. Auch dafür brandet Beifall auf. Die Ernennungsurkunde wird verlesen, Wirz legt Mozetta und Propstkreuz an, Schola, Propsteichor und die Gottesdienstgemeinde singen das Magnificat.
Grußworte: Mit Wehmut und Hoffnungen
Verdienste des scheidenden und Erwartungen an den neuen Regionaldechanten und Propst in dieser Spannung bewegen sich die Grußworte zum Ende des Gottesdienstes. Ich bin doch traurig, dass Sie gehen, sagt der Präsident der Region Hannover, Hauke Jagau, in Richtung von Martin Tenge. Tenge war für Jagau ein verlässlicher Partner, immer dann, wenn die Gemeinschaft zusammenstehen musste um Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, für Toleranz und Vielfalt zu setzen. Auf die Zusammenarbeit mit Tenges Nachfolger Christian Wirz freut sich der Regionspräsident: Ich bin mir sicher, Sie werden Ihre religiösen, Ihre gesellschaftliche Aufgaben zwar anders, aber genauso engagiert angehen.
An eine gemeinsame Aufgaben der Christen in Stadt und Region erinnert der evangelische Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann: Wir bringen mit Gottes Wort Lebensmittel unter die Menschen manchmal als Wein, manchmal als Schwarzbrot. Er dankt Tenge für den geschwisterlichen Dienst: Und ich bin froh, dass unsere Freundschaft nicht endet. Heinemann setzt darauf, dass Protestanten und Katholiken weiter Lebensmittel bringt wenn auch in anderer Zusammensetzung: Heinemann selbst geht Ende des Monats in den Ruhestand.
Das ist eine schwere Aufgabe, betont Hamideh Mohagheghi. Die Sprecherin des Rates der Religionen muss ihren Kollegen, Freund und Bruder Martin Tenge verabschieden. Für die Muslimin sind nicht nur die Verdienste von Tenge für den interreligiösen Dialog in Hannover entscheidend. Mehr noch: Du bist ein Beispiel dafür, wie man den eigenen Glauben leidenschaftlich leben kann und gleichzeitig offen ist für die Schätze der anderen Religionen. Vom Gottesdienst geht für Hamideh Mohagheghi ein Signal für den guten interreligiösen Dialog aus: Statt persönlicher Geschenke hatten Tenge und Wirz um Spenden für das im Umbau befindliche Haus der Religionen in Hannover gebeten.
Anker, Kutter und Maloche als Crew
Mitbringsel besonderer Art hat Felizitas Teske, sie zweite Vorsitzende des Dekanatspastoralrates, mitgebacht. Darunter beispielsweise einen Anker für Martin Tenge. Sie habe den scheidenden Regionaldechanten stets als einen Menschen erlebt, der fest verankert war und anderen ebenfalls ein Anker war: Und wir sind gern auch Ihr Ankerplatz gewesen. Ein ähnlich hintersinniges Geschenk hatte die Grundschulrektorin auch für Christian Wirz dabei. Denn: Auch wenn der eine Propst geht wir bleiben und machen mit Ihnen weiter. Das Präsent: ein Fischkutter, nicht besonders modern, nicht besonders schnittig, aber seetauglich. Auf einem Kutter werde nicht Urlaub gemacht: Hier wird gearbeitet, hier rackert sich eine Crew ab unsere gemeinsame Aufgabe Kirche zu leben und weiterzuentwickeln.
Für Martin Tenge war es wichtig am Ende des Gottesdienstes vor allem ein Wort zu sagen: Danke. Zum Beispiel dafür, dass er in den auf den Tag genau elf Jahren als Regionaldechant und Propst viel lernen durfte, sich selbst auch engagiert einbringen konnte. Aber für Tenge zählen dazu auch die Positionierungen, die vielleicht nicht jedem gefallen haben und die Ärgernisse, die es gegeben hat. Neben Mozetta und Kreuz möchte Tenge seinen Nachfolger auch eine Gewissheit mitgeben: Es ist immer das Werk Gottes, das geschieht durch uns, aber auch trotz uns. Das möge Gott in diesem wunderbaren Regionaldekanat weiterhin tun für katholische wie evangelische Menschen, für Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen und all derer, die darum bemüht sind, dass das Leben für Menschen gelingt, betont Tenge, der nun sein Amt als Hauptabteilungsleiter Personal/Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim antritt
Ein Gedanke, den der neue Regionaldechant und Propst Christian Wirz aufgreift: Erzähl? der Welt, was du zu sagen hast das lese er, wenn er aus seinem Küchenfenster blicke in einen gegenüberliegenden Schaufenster: Vielleicht ist das ja meine Aufgabe. Auch, wenn es sich im benachbarten Laden um Handy-Verträge handelt. Aber Wirz weiß: Erzählen, das geht nicht allein: Christentum ist eine Mannschaftssportart. Das ist das eine. Das andere: Erzählen Sie mir, was Sie zu sagen haben und der Welt. Das gelte auch für die, die keine Stimme haben die Armen, Kranken, Fremden, die, die an den Rand gedrängt werden: Denn ich glaube an einen Gott, der ein Faible hat für die, denen es nicht gut geht.
Gleich zwei lange Schlangen bilden sich nach Ende des Gottesdienstes für zwei Pröpste eine für Dank und gute Wünsche zum Abschied. Und eine für gute Wünsche und Ermunterungen für den Anfang. Gute Gelegenheiten für Gespräche am Sommerabend auf dem Platz vor der Basilika.
Rüdiger Wala