Filme verändern Bilder
Open-Air-Kino auf dem dem Platz vor der Basilika St. Clemens
"Pictures about us" – so was die Filmreihe überschrieben, die an fünf Abenden nacheinander Interessierte zum Open-Air-Kino auf den Platz vor der Basilika St. Clemens lockte. Thomas Harling, Kulturbeauftragter der Katholischen Kirche in der Region Hannover, zieht ein Fazit.
Fünf Filme, fünf Abende nacheinander vor der Basilika St. Clemens auf der Großleinwand. Erste Frage natürlich: Wie war die Stimmung?
Sehr gut. An den ersten Tagen war es tagsüber sehr heiß und alle Leute haben dann abends irgendwie in Ruhe vor der Basilika ausgeatmet. Und man hat sich gefreut, nach all den Coronazeiten, wieder gemeinsam einen Kulturevent zu erleben, umsonst und draußen.
Im Vorfeld wurden die Filme von unterschiedlichen Anrainer*innen in der Nachbarschaft der Basilika ausgewählt. Von Studierenden über das Ministerium für Wissenschaft und Kultur bis hin zu den Geschäftsleuten und Nachbar*innen in der Goethestraße. Hat sich das bewährt?
Es hat in jedem Fall dazu geführt, dass die Veranstaltung selbst vielleicht nicht in aller, aber doch in vieler Munde war. In der Goethestraße zum Beispiel haben sich fast 150 Personen an einer Umfrageaktion mit Wahlzetteln in den verschiedenen Geschäften beteiligt. Oder innerhalb von anderthalb Tagen etwa 50 Personen aus dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur.
Zwei Abende fallen auch beim Rückblick schnell ins Auge. Zum einen: Der Film „Ziemlich beste Freunde“ wurde von den Gästen des Tagestreffes für Obdachlose der Caritas und der Wärmestube St. Clemens ausgewählt. Wie ist der Abend verlaufen, wie war der Zuspruch?
Der Film hat meines Erachtens den besten Anklang gefunden. Zum Teil heiter und komisch, aber mit Tiefgang. Einer der Protagonisten lebte ja auch in einem ziemlich belastenden und komplizierten Umfeld. Es war etwa ein Dutzend Menschen aus dem Tagestreff der Caritas unter den Besucher*innen, was uns sehr gefreut hat. Es war auf verschiedenen Ebenen ihr Film.
Der letzte Abend stand im Zeichen des Krieges gegen die Ukraine. Ein ukrainischer Film wurde gezeigt, eingeladen waren bewusst Menschen, die der Krieg nach Hannover vertrieben hat. Was hat diesen Abend so besonders gemacht?
Der Film war der außergewöhnlichste. Und der mit 120 Menschen am besten besuchte. Ein ukrainischer mit englischen Untertiteln. Er war auf verschiedenen Festivals gelaufen, aber er war nicht wie die anderen ein Mainstream-Film. Wir hatten den Tipp vom Festival goEast> erhalten, die sagten, nach ihrer Erfahrungen brauchten Geflüchtete nicht noch zusätzlich schwere Filme. So wars auch. Die Begrüßung durch Frau Maksymtsiv aus der ukrainischen griechisch-katholischen Gemeinde ging zwar unter die Haut, aber dann war eine ganz tolle Stimmung. Die Leute haben sehr viel gelacht. Auch an Stellen, wo ich keine Miene verzogen hätte.
Die Reihe war mit „Pictures about us“ – „Bilder über uns“ – überschrieben. Welches Bild lässt sich denn jetzt über die Basilika und ihre Nachbarschaft zeichnen? Oder drehen, es sind ja schließlich bewegte Bilder.
Man kann auf jeden Fall sagen, dass sich das Bild vom Platz verlebendigt hat. Er hat einen wunderbaren Hintergrund gegeben für Kultur, Gespräche, Austausch, sommerliches Leben. Natürlich hat sich das Bild, dass alle voneinander haben, nicht total geändert. Aber es sind neue dazu gekommen durch die Zusammenarbeit und einfach durch die gemeinsame Zeit im Schatten der Basilika.
Was ist das persönliche Fazit? Was hat überrascht? Was war ungewöhnlich und was hat, schließlich gehören Gefühle zu jedem Film dazu, vielleicht auch bewegt?
Mich hat am meisten bewegt, als Frau Maksymtsiv eine Szene aus dem ukrainischen Film zitiert hat – den sie sich offensichtlich vorher noch angesehen hat. Da behauptet jemand, dass die Geräusche von Tieren in der Ukraine ganz anders sind als in allen Ländern Europas. Und sie sagte: Gerade, wenn man nicht da ist, weiß man, dass das stimmt.
Bleiben wir zum Abschluss noch mal in der Filmsprache: Wird’s denn ein Sequel, einen zweiten Teil des Open-Air-Kino vor der Basilika St. Clemens geben?
Die Reihe ist ja von vielen verschiedenen Partner*innen zusammen entwickelt worden: Caritas, Haus der Religionen, Familienbildungsstätte, Katholische Erwachsenenbildung, Hochschulgemeinde, Basilika und viele andere mehr. In unserer Auswertung haben wir natürlich darüber nachgedacht, im nächsten Jahr fortzusetzen. Wir hätten schon ein paar Ideen, was wir verändern oder neu probieren würden – beispielsweise ein Nachmittagsprogramm für Kinder. Aber da ist die Entscheidung noch nicht getroffen.
Fragen: Rüdiger Wala