Heute Nachmittag ist der Käsekuchen mit Sicherheit weg!

Von der Marktkirche her schlägt die Turmuhr zehn Mal. Vor dem [ka:punkt], dem Kirchenladen in der Grupenstraße 8 in Hannover stehen mehrere ältere Herren und warten. Punkt 10 Uhr öffnet der [ka:punkt] seine Türen. Die Männer eilen zum Zeitungsstand. Ich komme hier fast jeden Morgen her. Ich lese die Zeitung und trinke einen Kaffee dazu, erzählt einer der Herren, das mache ich schon, seit vor eineinhalb Jahren meine Frau gestorben ist. Dann bin ich nicht so allein.  Kultur, Politik, Sport und Lokales schnell ist man sich einig, wer welchen Teil zuerst lesen kann.

Was steht eigentlich oben drauf?  - 28. Oktober Schon 28. Oktober. Wie doch die Zeit vergeht!  Viele Artikel werden kommentiert und diskutiert. Wichtig für mich ist hier die nette Atmosphäre. Deshalb komme ich gern hier her. Und ich kann mich hier mit anderen über Gott und die Welt unterhalten.  Unterbrochen wird das Zeitungsstudium nur, wenn Gabriele Torlienne, eine der ehrenamtlichen Helferinnen im [ka:punkt] an den Tisch kommt und fragt, ob es noch ein Cappuccino oder Kaffee sein darf, vielleicht mit einem Stück Kuchen, denn heute sei Donnerstag und Donnerstag ist bei uns Kuchentag. Auf dem Servierwagen liegen russischer Zupfkuchen, Apfelkuchen, Käsekuchen und Aprikosenkuchen: Wenn sie heute Nachmittag kommen, ist der Käsekuchen mit Sicherheit weg.

Viele kommen auch hier bei uns rein, wollen sich nur einmal ein bisschen ausruhen oder nutzen den [ka:punkt], um sich mit einer Bekannten zu treffen, um dann gemeinsam in der Stadt einzukaufen, sagt Phyllis Augustin. Auch sie versieht im Forum des [ka:punkt] ihren ehrenamtlichen Dienst.  Inzwischen hat der [ka:punkt] bereits über eine Stunde geöffnet und der Betrieb nimmt zu. Ein junger Mann fragt, wie das denn ist, wenn man in die katholische Kirche wieder eintreten will. Vor Jahren sei er im Frust ausgetreten, aber jetzt möchte er doch wieder rein. Eine Frau, so um die dreißig, sagt im Vorbeigehen, dass sie einen Termin in der Suchtberatung habe, und geht die Treppe nach oben.

Neben dem Forum mit seiner offenen Atmosphäre sind im [ka:punkt] auch Beratungsstellen des Caritasverbandes untergebracht. Eine Krebsberatungsstelle, die Suchtberatung, die Ehe-, Lebens- und Familienberatung und die Seniorendienste sind hier zu Haus.

Es ist 12.30 Uhr. Ein Gongschlag lädt zum Mittagsgebet ein. Heute ist Pfarrer Thomas Hoffmann, der Leiter des [ka:punkt], dafür eingeteilt. Er geht vorweg die Treppe hinunter in den Keller. Hier lädt die kleine Kapelle ein, einmal in der Alltagshektik inne zu hallten. Sie ist eine kleine Oase in der pulsierenden City Hannovers. Drei, vier im Forum stehen von ihren Tischen auf, folgen dem Priester und nehmen an der kurzen Andacht teil. Die 35jährige Johanna ist knapp dran, nur für diesen kurzen Gottesdienst ist sie gekommen: Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, sagt die Rechtsanwaltsgehilfin, dann komme ich immer zu Beginn meiner Mittagspause her. Ein bisschen auftanken. Ihr Büro liegt in der Innenstadt, nur wenige Blöcke vom [ka:punkt] entfernt. Dreimal in der Woche wird von den Mitarbeitern das Mittagsgebet angeboten, Freitags wird hier die heilige Messe gefeiert Wir wollen niemanden missionieren, so Hoffmann, aber wir wollen ein Beispiel für gelebten Glauben geben.

Viele nutzen die zentrale Lage des [ka:punkt], schauen kurz rein, besuchen eine der offenen Beratungsangebote und stellen aber auch Fragen rund um Kirche und Glauben: Wo bekomme ich in Hannover eine Taufbescheinigung? Wir sind gerade zugezogen, zu welcher Pfarrgemeinde gehöre ich?  -  Wann sind am Sonntag in der Innenstadt Gottesdienste? Die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter im Forum können fast immer eine Auskunft geben oder zumindest an die richtige Adresse weiterverweisen. Und: Niemand muss seinen Namen nennen, sagt Thomas Hoffmann, Hier kann man ganz anonym fragen, kann einfach mal so hereinspazieren und vielleicht auch nur die Bilder der aktuellen Ausstellung anschauen. Unser Angebot ist, wie man so schön sagt, niederschwellig. Man kommt rein, fragt, setzt sich hin, trinkt vielleicht noch einen Latte Macchiato und kehrt zurück in den Alltag, um einzukaufen oder wieder seiner Arbeit nachzugehen.

In diesen Tagen wird der [ka:punkt] zehn Jahre alt. Er hat sich in Hannover etabliert. Getreu seinem Motto Kirche in der Stadt versteht er sich als Teil der Stadtgesellschaft und ist für alle offen, unabhängig von Konfession, Religion, Alter oder Gesellschaftsschicht. Der [ka:punkt] ist für die katholische Kirche in Hannover eine wichtige Erstanlaufstelle geworden, viele, die in die Kirche aufgenommen werden wollen, sich mit dem Gedanken tragen zu konvertieren oder einfach nur auf der Suche sind, finden hier offene Ohren. Speziell für sie wird ein Glaubenskurs angeboten. Dabei ist der [ka:punkt] keine Konkurrenz zu den Pfarrgemeinden. Wir verstehen uns vielmehr als Ergänzung und Unterstützung, so Hoffmann.

Inzwischen hat das Klientel im [ka:punkt] gewechselt. Die älteren Männer haben ihre Zeitungen längst ausgelesen und sind gegangen. Es ist drei Uhr Kaffeezeit. Wo noch morgens die Männer saßen, sitzen jetzt Frauen wie Roswitha, Elke und Margarete alle so um die siebzig: Wir wollen einfach nur gemütlich Kaffee trinken und den leckeren Kuchen probieren. Das machen wir jeden Donnerstag so. Das ist bei uns schon Tradition. Auch Jüngere haben sich im [ka:punkt] eingefunden. Eine Mutter mit zwei kleinen Kindern nutzt die Möglichkeit im Keller, dass jüngste zu wickeln. Ein paar Schülerinnen haben sich hier mit Freundinnen verabredet und nutzen die Zeit schon mal für die Hausarbeiten. Bei uns kommen wirklich die unterschiedlichsten Menschen vorbei, so Hoffmann. Auf der Straße würden sie aneinander vorbeigehen. Hier kommen sie ins Gespräch miteinander und mit unseren Mitarbeitern. Eine Routine gibt?s bei uns im [ka:punkt] nicht. Jeder Tag ist verschieden und irgendwie ganz anders.

(pkh)