"Jugendwerkstätten sind wichtiger denn je"
Symbolische Aktion vor dem Niedersächsischen Landtag
Die Botschaft ist eindeutig und nicht zu überhören: „Die Zeit ist jetzt“, singen gut 150 junge Menschen, Pädagog*innen und Anleiter*innen aus den niedersächsischen Jugendwerkstätten. Die zweite Zeile des selbst getexteten Liedes, intoniert vor dem Niedersächsischen Landtag: „Die Jugendwerkstätten sind wichtiger denn je.“
Denn gerade junge Menschen zahlen einen hohen Preis für die Folgen der Corona-Pandemie. Das sagt Achim Stieve, Geschäftsführer der Caritas Jugendsozialarbeit Hannover (CJS). Die CJS trägt zwei Jugendwerkstätten in der Landeshauptstadt. Sie helfen jungen Menschen auf dem Berufsweg für Bürotätigkeiten, in der Informationstechnologie, in Holztechnik oder Hauswirtschaft.
Der Arbeitskreis der Jugendwerkstätten in Hannover und Unland verweist auf alarmierende Entwicklungen: Die Jugendarbeitslosigkeit ist nach den letzten vorliegenden Zahlen allein der Region Hannover um 38 Prozent angestiegen. Mehr noch: Junge Menschen bräuchten in der aktuellen Situation Unterstützung, um wieder Hoffnung und Aktivität entwickeln zu können. Sie benötigten auch Hilfe, um schulische Inhalte nachzuholen, sich zu orientieren und wieder in einen strukturierten Alltag zurückzufinden.
„Genau das macht Jugendwerkstätten so wichtig“, unterstreicht Stieve. Denn Jugendwerkstätten bieten jungen Menschen mit sozialen oder persönlich Schwierigkeiten nach der Schulzeit eine Orientierung für den Einstieg ins Erwachsenenleben an.
„Das wird auch von der Politik und von der Agentur für Arbeit anerkannt“, betont Stieve. Zudem unterstützt die Europäische Union die Jugendwerkstätten – mit Mitteln aus der Europäischen Sozialfonds (ESF). Zuletzt ist im März 2022 wieder eine Richtlinie zur Förderung der Jugendwerkstätten erlassen worden. Deren Frist: bis 2027.
Die Befristungen sind für Stieve ein eklatantes Problem: „Die Jugendwerkstätten kämpfen sich seit über 30 Jahren von Förderfrist zur Förderfrist.“ Sie gelten nach wie vor als zeitliches Projekt, obwohl sie sich schon lange im System der Fördermöglichkeiten für junge Menschen etabliert haben. „Wir brauchen endlich eine auskömmliche Finanzierung, die unabhängig von Förderperioden ist“, sagt Stieve: „Deshalb stehen wir hier vor dem Landtag, damit wir endlich Planungssicherheit bekommen."
Die Idee der Jugendwerkstätten: ein runder Tisch mit Vertreter*innen der Landesregierung, kommunaler Spitzenverbände, der Regionaldirektionen der Bundesagentur für Arbeit, Wohlfahrtsverbänden und Praktiker*innen aus den Einrichtungen. „So könnte endlich direkt über eine neue Förderstruktur gesprochen werden, die unabhängig von den Förderperioden des ESF macht.“ Erste Reaktionen aus dem Sozialministerium zeigen eine große Sympathie für die Idee eines Runden Tisches. Doch bis dahin wird weiter gesungen und getrommelt: „Die Jugendwerkstätten sind wichtiger denn je.“
Rüdiger Wala