Kooperative Schulseelsorge an staatlichen Schulen
Das Bistum Hildesheim startete mit Unterstützung des Bonifatiuswerkes im September 2014 das Projekt "Kooperative Schulseelsorge an staatlichen Schulen" ? auch am mehreren Schulen in der Region Hannover. Frank Pätzold hat es konzipiert und leitet es in seiner Funktion als Referent für Schulpastoral.
"Mich begeistert das Projekt", sagt Pätzold, der regelrecht ins Schwärmen kommt, wenn er darüber spricht. Mit der "Kooperativen Schulseelsorge" wird eine Brücke zwischen katholischer Kirche und staatlicher Schule geschlagen. Dafür engagieren sich pastorale Mitarbeiter des Bistums und staatliche Religionslehrkräfte. Sie kooperieren für ein humanes und solidarisches Miteinander im Schulalltag, das auf christlichen Werten basiert.
Mitgestalten an der Schulkultur
Die Idee einer katholischen Schulseelsoge an staatlichen Schulen verfolgt Pätzold bereits seit den frühen 2000er Jahren - damals begann er, an der berufsbildenden Schule das Fach Religion zu unterrichten. Dort kam er aufgrund von konkreten Ereignissen mit Tod und Trauer von Schülern in Berührung. Zugleich habe er erlebt, dass an " staatlichen Schulen die Kultur fehlte, überhaupt mit dem Thema umzugehen", erinnert er sich. Diese Erlebnisse gaben ihm den Anstoß, an einem Konzept zu arbeiten, wie "eine derartige Kultur an den Schulen entwickelt werden kann". Konkret wurde es schließlich, als das Bistum Osnabrück mit der Kooperation von pastoralen Mitarbeitern und staatlichen Religionslehrkräften begann. Dieses Modell habe das Bistum Hildesheim übernommen und den eigenen Gegebenheiten angepasst, erklärt Pätzold.
Schulseelsorge mit Tandemteams
Mittlerweile beteiligen sich Religionslehrkräfte von zehn staatlichen Schulen und zehn pastorale Bistumsmitarbeiter an dem Projekt. Sie kooperieren als Tandemteams - und zwar "außerhalb des Religionsunterrichts", betont Pätzold. Dafür kommen die pastoralen Mitarbeiter für zwei Unterrichtsstunden wöchentlich in die Schule. Ihre Präsenz ist wichtig, denn nur so können sie eine Beziehung zu den Schülern, Lehrern und zur Schule als Ganzes aufbauen.
Die Bedingungen und die Aufgabenfelder der einzelnen Teams gestalten sich unterschiedlich: Schließlich seien die Herausforderungen an einer Grundschule grundsätzlich andere als wie beispielsweise an einem Gymnasium, sagt Pätzold.
Da sein für die, die Unterstützung brauchen
Die Teams kooperieren zu den Themen, die aus dem Alltag ihrer Schule entstehen. Dazu gehört auch, dass sie die Schulen bei der Umsetzung von Humanisierungsaufgaben unterstützen. Für diesen Aufgabenbereich ergeben sich je nach Schultyp unterschiedliche Gestaltungsformen der Beratung, Begleitung und Prävention. Auch Klassengemeinschaften erhalten seelsorgerische Hilfe und Begleitung, wenn Bedarf besteht. Hier geht es häufig um die Bewältigung von Problemen, die aus dem sozialen Miteinander erwachsen sind. Für den einzelnen Schüler haben die Teams ebenfalls ein offenes Ohr. Sie bieten seelsorgerische Gespräche an, wenn sich jemand in einer Krisensituation befindet. Oder man einfach mal darüber reden möchte, was das Leben jenseits von Leistung und Kontrolle noch hergibt. Auch geben sie die Gelegenheit zum Entdecken christlich-spiritueller Erfahrungen, beispielsweise organisieren sie religiöse Orientierungstage.
Doch damit diese Form der Schulseelsorger in Anspruch genommen wird, ist zunächst ein hohes Maß an Vertrauen aufzubauen. Gerade die pastoralen Mitarbeiter sind " zunächst Fremdkörper und diese Hemmschwelle muss überwunden werden", sagt Pätzold. Deshalb sei es wichtig, dass authentisch vermittelt wird, dass niemand missioniert werden soll.
Nicht nur Friede-Freude-Eierkuchen
Das Aufbauen von Vertrauen ist eine elementare Herausforderung, die von den Teams nur durch gute Zusammenarbeit zu meistern ist. Kompetente Unterstützung und neue Impulse erhalten sie auch bei den regelmäßigen mehrtägigen Fortbildungen, die in den Oster- und Herbstferien stattfinden.
Bei solchen Veranstaltungen kommt Pätzold mit den Teams stets in einen Erfahrungsaustausch. Aufgetretene Probleme werden bei dieser Gelegenheit gemeinsam und lösungsorientiert angegangen. Schließlich ist das kein "Friede-Freude-Eierkuchen-Projekt", sagt Pätzold. Auch Spannungen und Konflikte seien zu bewältigen. Fasziniert sei er dennoch über die unterschiedlichen Entwicklungen und Ausgestaltungen: Jedes Team ticke anders, könne sich aber frei entfalten. "Es gibt kein Zwangskorsett", unterstreicht er.
Oasen in einer Wüstenlandschaft
Das Bistum Hildesheim finanziert die Kosten und Honorare des Projektes mit 55.000 Euro pro Jahr. Zudem leistet das Bonifatiuswerk eine Unterstützung von ingesamt 80.000 Euro. Da es für die Religionslehrkräfte keine Entlastungsstunden gibt, üben sie ihr Engagement im Rahmen einer nebenamtlichen Tätigkeit aus. Dafür erhalten sie wöchentlich zwei Unterrichtsstunden vergütet.
Pätzold ist stolz darauf, dass mit diesen "verhältnismäßig wenigen Mitteln das Projekt quasi aus dem Nichts" entstanden ist. Für ihn sind die erzielten Erfolge "Oasen in einer Wüstenlandschaft, in denen es jetzt anfängt zu blühen".
Martina Stabenow