Osterzeugen am Grab
Kaum eine Gemeinde im Bistum kennt nicht das Problem: Ihr klerikales Personal muss jede Woche zwei bis drei Kirchorte mit Gottesdiensten, Taufen und Hochzeiten versorgen. Dazu kommt noch der Verwaltungsaufwand für die Pfarrgemeinde. Dass dieses Problem auch zugleich eine Chance für Ehrenamtliche vor Ort ist, meint Pfarrer Kuno Kohn aus Hannover.
Er hat als Ehe-, Familien-, und Lebensberater zusammen mit der Religionspädagogin Betina Schenk und in Kooperation mit der Katholischen Kirche zwölf Ehrenamtliche Beerdigungsleiter ausgebildet. Die werden jetzt am Pfingstsonntag in einem feierlichen Gottesdienst in St. Clemens mit Propst Martin Tenge ausgesandt.
Lieber Pfarrer Kohn, es wird in der Zukunft immer weniger Priester und Pfarrer geben. Was können die Gemeinden vor Ort tun, um sich darauf einzustellen?
Die Pfarrei, die sich über ihr Territorium definiert und ähnlich wie ein Verein strukturiert ist, begibt sich vor diesem Hintergrund in die Gefahr, nicht mehr zukunftsfähig zu sein. Wenn sich die Gemeinde rückbesinnt auf ihren Ursprung, wächst sie wieder in ihre ursprüngliche Bedeutung und Aufgabe hinein: zeugnisfähig und missionarisch zu sein, sich in die Gesellschaft einzumischen und spirituell zu sein. Beerdigungsleiter zu werden, heißt am Grab eines anderen Menschen Osterzeuge zu sein.
Gerade der Begriff Mission ist ja nicht ganz unumstritten.
Mission heißt hier in diesem Kontext: Lebendiges Christsein, seinen Glauben weitergeben und davon zu sprechen. Der Tod ist so etwas wie der Ernstfall des Glaubens und gerade hier hat unser christlicher Glaube mit den Ostergeschehnissen eine wahnsinnig tiefe und auch positive Botschaft. Es gibt in dieser Situation meiner Meinung nach keine bessere Botschaft, als dass Gott selbst mit uns gelebt und gelitten hat und gestorben ist. Dafür als Persönlichkeit am Grab zu stehen und Beerdigungsleiter zu sein, heißt Osterzeuge zu sein.
Eigentlich ist die Beerdigung ein Kerngeschäft der Pfarrer und der Diakone. Warum kann es sinnvoll sein, dass auch Ehrenamtliche in diesem Bereich aktiv werden?
Es gibt viele Pfarrer und Diakone, die gerne Beerdigungen leiten. Aber manche von ihnen erkennen, dass Gott ihnen andere Gaben gegeben hat, als Angehörige und Trauernde zu begleiten, oder es fehlt schlicht die Zeit. Dann kann es sinnvoll sein, als Hauptberuflicher eher ein Trainer für Ehrenamtliche in der Gemeinde zu sein: Wem hat Gott in unserer Gemeinde welche Gabe gegeben? Wie können wir diese Gaben schulen und in unsere Gemeinde aussenden? Ehrenamtliche Beerdigungsleiter sind meist zeitlich flexibel, können am Wochenende selbst zu Gottesdienstzeiten und man kann sich durch sie katholisch auch von einer Frau beerdigen lassen. Gerade, wenn wir das Feld nicht den kommerziellen Anbietern überlassen wollen, die nur aufs Geld schauen, ist das wichtig.
Marie Kleine