Pfingstnovene: Neun Tage Gebet
Alte Tradition, neu durchdacht
Das Kirchenjahr kennt viele besonders geprägte Zeiten – vor allem vor den Hochfesten wie Weihnachten oder Ostern: Advent oder die österliche Fastenzeit sind solch geprägte Zeiten. Pfingsten ist nach Ostern und Weihnachten das dritthöchste Fest im Kirchenjahr und gilt als Geburtstag der Kirche. Das Hochfest wird mit einer ebenfalls mit einer besonders geprägten Zeit und hier vor allem mit einem Gebet vorbereitet: der Pfingstnovene.
Was ist das Besondere an diesem Gebet? Ein Hinweis liefert das Wort „Novene“. Es leitet sich leitet sich vom lateinischen Wort "novem" (neun) ab – und umfasst die neun Tage die zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten liegen. Mit Blick auf die Geschichte der Christenzeit eine Zeit der Ungewissheit. Davon zeugt die Apostelgeschichte in der Bibel: Dort wird berichtet, dass Jesus nach seiner Auferstehung zu Ostern vierzig Tage lang den Jünger*innen erschienen ist. Dann erhob er sich in den Himmel, kehrte zum Vater zurück – das wird mit dem Fest Christ Himmelfahrt gefeiert.
Für die Urchrist*innen aber brach eine Zeit der Ungewissheit an: Was tun ohne den Heiland? Wie die frohe Botschaft der Erlösung und Nächstenliebe weiterverbreiten? So versammelten sich die Apostel in Jerusalem und "verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern" (Apg 1,14). Als schließlich "der Tag des Pfingstfestes gekommen war" (Apg 2,1) wurde die ganze Gemeinschaft der betenden Urgemeinde mit dem Heiligen Geist erfüllt. Im Gebet haben sie darauf vertraut, dass das Versprechen Jesu – ich bin bei euch alle Tage – eingelöst wird. Durch den Heiligen Geist, die Kraft der Veränderung, die Menschen erfüllt und sie stärkt. Auch um weiter vom Reich Gottes, von Barmherzigkeit und Hoffnung erzählen zu können.
"Betet ohne Unterlass"
„Betet ohne Unterlass“. Es war der Apostel Paulus der im ersten Brief an die Thessalonicher dazu aufgerufen hat (5,17). Dieser Brief in der Bibel gilt als eines der ältesten Schriftstücke des Christentums. Fünf Buchstaben. Ein kurzes Wort und doch von so großer Bedeutung. Beten. Reden mit Gott, reden mit jemand, reden mit etwas, das größer ist als die eigene Vorstellungskraft. Probleme oder Herausforderungen im Leben gehören vor Gott. Das ist die Kraft des Gebets – auch und gerade in besonders geprägten Zeiten. Wie diese doch für die christliche Urgemeinde von Ungewissheit geprägte Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten – dem Fest, das durch die Erfüllung der Menschen durch den Heiligen Geist als Geburtstag der Kirche gilt.
Etwa ab dem 12. Jahrhundert etabliert sich eine christliche Tradition vor großen Ereignissen, auch den Kirchenfesten, mehrere Tage zu beten. Im Barock entstehen dann neuntägige Andachten. Ob bewusst auf das urchristliche, biblische überlieferte Vorbild zurückgegriffen wird, ist historisch nicht gesichert. Verbindlich wird die Pfingstnovene aber im Jahr 1897 Papst Leo XIII. verordnet in seiner Enzyklika „Divinum illud munus“ („Über den Heiligen Geist“), dass in der gesamten Katholischen Kirche dem Pfingstfest eine neuntägige Gebetszeit vorausgehen solle. Mit der Neuordnung des Kirchenjahres durch das Zweite Vatikanische Konzil (1969) wurde die Pfingstnovene Teil der offiziellen Liturgie der Kirche. Die Grundordnung des Kirchenjahres und des Neuen Römischen Generalkalenders legt fest: „Die Wochentage nach Christi Himmelfahrt bis zum Samstag vor Pfingsten einschließlich bereiten auf die Herabkunft des Heiligen Geistes vor."
Die Bitte um den Geist („Komm herab, Heiliger Geist“) steht auch heute noch im Mittelpunkt der Pfingstnovene. Doch christliche beten gilt immer den Herausforderungen, die die Zeit mit sich bringt. Vor allem das katholische Hilfswerk Renovabis hat seit 25 Jahren mit Pfingstnovenen immer den Blick auf obdachlose oder Menschen mit Behinderungen, alte Menschen in Not, arme Familien, ausgegrenzte Minderheiten oder – wie aktuell – zur Bewährung der Schöpfung. Für all das braucht es die Kraft des Heiligen Geistes.
In der Region Hannover werden Pfingstnovenen unter anderem gebetet in
Rüdiger Wala