Pilotprojekt mit Symbolcharakter
Neues Leitungsteam der Katholischen Kirche in der Region Hannover eingeführt
Erstmals wird die Katholische Kirche in der Region Hannover von einem Team aus zwei Ehren- und zwei Hauptamtlichen geleitet – nicht nur für die gut 128.000 Katholik*innen in den dazugehörenden 23 Pfarrgemeinden ein Pilotprojekt, sondern auch für das ganze Bistum Hildesheim.
In einem Gottesdienst hat der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer jetzt Sabine Marquardt, Lothar Auge, Dr. Michael J. Gruber und Propst Wolfgang Semmet in ihre neue Aufgabe eingeführt. Wobei Schwierigkeiten durchaus Änderungen ermöglichen: „Ohne Not wären wir noch nicht so weit“, betont Bischof Heiner Wilmer in seiner Predigt: Es ist aber ein Pilotprojekt „das uns in die Zukunft unserer werdenden Kirche führt“, das „Leitungsaufgaben austariert“, das mehr „Partizipation und Teilhabe ermöglicht“ – wie es auch im synodalen Weg eingefordert wird.
Dieser „synodale Weg“ (Synode = Zusammenkunft, Beratung) wurde gemeinsam von den deutschen Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) einberufen, um unter anderem die Frage von Macht und Gewaltenteilung zu beraten und zu reformieren. Dazu zählen, wie jetzt in Hannover, neue Leitungsmodelle, die das klassische hierarchisch oder monarchisch anmutende Verständnis von Leitung überwinden.
So trägt das neue Leitungsteam in Hannover umfassende Verantwortung nicht nur für die Perspektive der Seelsorge und die Schwerpunkte des gesellschaftlichen Engagements in der Region. Es ist auch für die hauptamtlichen Mitarbeitenden, für Finanzen und Immobilien zuständig.
Dazu kommt ein anderes Leitungsverständnis: „Wir wollen allen, die in der und für die Katholische Kirche in der Region Hannover mit-tun, ihr Wirken ermöglichen“, stellt Dr. Michael Gruber heraus. Der 54-Jährige ist einer der beiden Ehrenamtlichen im Leitungsteam. Nominiert wurde Michael J. Gruber vom Dekanatspastoralrat der katholischen Kirche in der Region Hannover. Ihm gehören über 60 Vertreter*innen der Pfarreien, Verbände und katholischen Einrichtungen in und um Hannover an. Seit gut zwei Jahren ist Michael J. Gruber sein Sprecher. Zum Auftrag des neuen Teams gehört es für den an der Leibniz Universität Mathematik unterrichtenden Dozenten „eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, die die Herausforderungen der Zeit aufnimmt, und deren Umsetzung anzuregen“.
Für Lothar Auge, den zweiten Ehrenamtlichen im Team, birgt das neue Team ein Versprechen: „Für mehr Partizipation, schon durch die neue Zusammensetzung aus Haupt- und Ehrenamt, Seelsorge und Verwaltung.“ Verwaltung ist die Schiene, auf der Lothar Auge berufen wurde – vom Gesamtverband der Katholischen Kirchengemeinden in Hannover. Dieser seit über 100 Jahren bestehende Zusammenschluss ist unter anderem Träger von zwölf Kindertagesstätten. „Mit dem Mehr an Zeit und Händen, verbunden mit unterschiedlichen Perspektiven, können wir jetzt Themen und Prozesse angehen, die bisher nicht möglich waren“, ist Lothar Auge überzeugt. Wichtig ist dem 53-Jährigen dabei das „bewusste Fokussieren unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Veränderungen um uns herum“, wie es der im Hauptberuf Leiter der Abteilung „Strategische Entwicklung“ bei der Sparkasse Hildesheim Goslar Peine herausstellt.
Als Hauptamtliche werden Sabine Marquardt und der bereits amtierende Propst Wolfgang Semmet eingeführt. Seit dem 1. August ist Sabine Marquardt Leiterin der Verwaltung der Katholischen Kirche in der Region Hannover – und damit für die Bereiche Finanzen und Personal. Für die 47-jährige Arbeitsrechtlerin kann „das Leitungsteam ein gutes Bindeglied zwischen den Menschen in der Katholischen Kirche der Region Hannover und dem Bistum werden.“ Voraussetzung dafür: „Dazu müssen wir in den Dialog gehen – in jede Richtung – und bedarfsorientiert handeln, denn die Kirche ist für die Menschen da.“
Propst Wolfgang Semmet wurde bereits am 1. Januar dieses Jahres von Bischof Heiner Wilmer zum Regionaldechant der Katholischen Kirche in der Region Hannover und Propst an der Basilika St. Clemens ernannt: „Das Leitungsteam ist ein echter Aufbruch.“ Zum einen, weil es den kirchlichen Mitarbeitenden in der Region besser gerecht werde. Zum anderen, weil „es uns gelingen kann, die Charismen, die Gaben und Möglichkeiten in der Region besser zu fördern und die Katholische Kirche stärker zu repräsentieren.“
Stichwort Repräsentieren: Das Pilotprojekt leitet aus Sicht der stellvertretenden Regionspräsidentin Michaela Michalowitz nicht nur organisatorisch, sondern zudem symbolisch eine neue Ära ein: „Zum ersten Mal hat nicht nur ein Team, sondern auch eine Frau in der Katholischen Kirche eine Leitungsfunktion inne.“ Das gleichberechtigte Mitwirken von Ehrenamtlichen unterstreiche die Bedeutung von Menschen, die sich aus freien Stücken engagieren: „Wir sind dankbar für die Menschen, die sich die Zeit für die Kirche nehmen, für andere Menschen da zu sein und in die Gesellschaft hineinzuwirken.“ Diese Entwicklung mache Mut: „Unsere Gesellschaft braucht Zuversicht.“
Bürgermeister Thomas Klapproth verweist auf das gute Verhältnis zwischen Hannover und der Kirche, auf deren vielfältiges Engagement in der Stadt: „Hannover ist eine weltoffene Stadt mit vielen Kulturen und Religionen – und das in einem guten Miteinander.“ Das ergebe sich nicht von selbst. „Eine diverse Stadtgesellschaft braucht Institutionen und Menschen, die sich für dieses Miteinander engagieren“, betont Klapproth: „Dazu zählt in hohem Maße die Katholischen Kirche.“
Rüdiger Wala