Ungleiche Geschwister arbeiten künftig zusammen
In den Räumen der Propstei St. Clemens wurde ein Beratungsbüro für Sinti und Roma eröffnet
Von heute an haben Sinti und Roma eine neue Anlaufstelle im Souterrain der Propstei St. Clemens. Die Vereine Forum für Sinti und Roma und Romane Aglonipe eröffneten in den Räumen, in denen früher die kumenische Essenausgabe zu Hause war, ein Beratungsbüro. Hier gibt es künftig Hausausgabenhilfe, Deutschkurse für Kinder und Erwachsene, die als Migranten und Flüchtlinge in Hannover leben, sowie Rechtsberatung. Das Büro soll sich darüber hinaus zum Treffpunkt und Kulturzentrum entwickeln, wünscht sich Djevdet Berisha von Romane Aglonipe.
Bundesweit einzigartig ist, dass sich Sinti und Roma-Organisationen zusammen in einem solchen Projekt engagieren. Die Geschichte beider Gruppen ist unterschiedlich verlaufen: Während die in Deutschland lebenden Sinti im Allgemeinen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sind viele Roma als Migranten gekommen und haben einen prekären Aufenthaltsstatus. Die Vereine wollen gemeinsam den von Abschiebung Bedrohten helfen. Die katholische Kirche stellt die Räume in der Anfangsphase mietfrei zur Verfügung.
Der Rechtsanwalt Leonard Oehle vom Forum für Sinti und Roma berichtete in seinem Vortrag von seinem vergeblichen Bemühen, eine Entschädigung für Sinti zu erstreiten, die den Holocaust überlebt haben. So hatte der Vater von Regardo Rose, einem der Initiatoren des Beratungsbüros, Ausschwitz, Buchenwald und Bergen-Belsen durchlitten. Asthma, Herz- und Magen-Darm-Leiden waren die Folgen, an denen er ein Leben lang trug. Doch ein zynisches ärztliches Gutachten bescheinigte ihm, dass die cholesterinarme Kost und die gute Luft in den idyllisch gelegenen Lagern unmöglich für seine Gesundheitsprobleme verantwortlich sein konnten. Wenn schon keine Wiedergutmachung für die Opfer stattgefunden hat, dann sollen sie wenigstens die Kinder und Enkel bekommen, forderte Oehle. Eine solche Wiedergutmachung könnte Bildung sein, die Generationen von Sinti vorenthalten wurde.
Seit dem 12. Jahrhundert gehören Roma zur Gesellschaft in Europa, stellte Djevdet Berisa klar, der im damaligen Jugoslawien aufgewachsen ist. Und mit Blick auf Deutschland: Ich fühle mich als Bürger dieses Landes. Zum Abschluss der Feier bat Propst Martin Tenge um Gottes Segen für die muslimischen, orthodoxen und katholischen Geschwister der Menschheitsfamilie, die sich in dem Projekt gemeinsam engagieren.
Das Beratungsbüro Am Kanonenwall 15 ist Mo und Di von 9-16 Uhr und Do und Fr von 16-19.30 Uhr geöffnet. Telefon Forum für Sinti und Roma: 0511-760228-83, E-Mail: <link mail ein fenster zum versenden der>forum-fuer-sinti-und-roma@hotmail.com. Telefon Romane Aglonipe: 0511-760228-84, E-Mail: <link>romane.aglonipe@gmx.de
Annedore Beelte